Stans, Geburtsort der Kapuzinermission Tansania
Dr. Christian Schweizer, Provinzarchivar Schweizer Kapuziner Luzern
Die Kapuziner, 1528 in Italien entstanden, sind der jüngste Zweig des Minderbrüderordens des hl. Franziskus von Assisi († 1226). Ihr Name wird abgeleitet von der spitzen Kapuze, die an der erdfarbenen, meist braunen Kutte angenäht ist, Zeichen der Radikalität. Wie alle anderen Minderbrüder umgürten sie sich mit einem Strick, versehen mit den drei Knoten als Symbole für die Gelübde der Armut, der Keuschheit und des Gehorsams. Kapuziner sind keine Mönche, sondern Brüder, die vom Bettel und Almosen leben. Deshalb heißen sie Bettelbrüder (Mendikanten). Sie wurden, nachdem sie 1581 über den Gotthard zuerst nach Altdorf im Kanton Uri gekommen waren, vom Nidwaldner Landammann und Heiliggrabritter Johann Melchior Lussy (1529-1606) und dem Mailander Erzbischof und Kardinal Karl Borromäus (1538-1584) für die Reform und Erneuerung der katholischen Kirche 1582 nach Nidwalden berufen. Dort ließ Johann Melchior Lussy ihnen bis 1584 ein Kloster in Stans auf seinem Grundstück an der Mürg errichten. Bis zu ihrem Wegzug 2004 aus Nidwalden waren die Kapuziner in Stans daheim. 169 Nidwaldner haben sich für ein Leben als Kapuziner entschieden. Die Kapuzinerkirche von 1684 lebt als Ort des Gebetes, des Kultus und der Kultur weiter und wird vom 2004 gegründeten „Verein Kapuzinerkirche Stans“ (VKS) (www.vks-nw.ch) getragen.
Alles, was Kapuziner in Seelsorge, Bildung und Caritas tun, erachten sie als Mission, ein Grundgedanke des Franziskusordens von Anfang an. Das Kapuzinerkloster Stans ist wie alle anderen Niederlassungen der Schweizer Kapuzinerprovinz mit dem Zentrum Luzern eine Missionsstation. „Auf Mission gehen“ bedeutet bei den Kapuzinern in Stans zuerst die innere Mission in Nidwalden und Engelberg: Predigt, Beichthören, Katechese, Aushilfepastoral, Pfarr- und Kaplaneiadministraturen, Arbeiter-, Kranken-, Militär-, Fremdsprachigen-, Gefängnis- und Randständigenseelsorge sowie die Volksmissionen und schleßlich die Bildung für die studierende Jugend (Lateinschule, Gymnasium und Internat) und Volksbildung. Dann kommt hinzu die Äußere Mission jenseits des heimischen Landes zwischen See und hohen Bergen, nämlich die Mission im Ausland, wo die Kapuziner auch von Nidwalden sich engagiert hatten und weiterhin tätig sind. Früher hieß es „Heidenmission“, sei es beim Orden selbst und bei der Bevölkerung. Heute ist Mission als Verkündgiung der frohen Botschaft Christi im Dialog und im Nebeneinandnersein anderer Kulturen und Religionen zu verstehen.
In Nidwalden hat die Tanzania-Mission der Schweizer Kapuziner, die Mission für das ehemalige sogenannte Ostafrika, ihren Ursprung. 1921 übernahm die Schweizer Kapuzinerprovinz das Missionsgebiet im damaligen Ostafrika mit Dar es Salaam als Zentrum. Die Initianten waren Nidwaldner, die in Stans aufwuchsen: Pater Benno Durrer (1859-1935) vom Gräbli: Rektor des Kollegiums St. Fidelis, Guardian des Klosters, Provinzialminister der Schweizer Kapuziner; Pater Dr. Adelhelm Jann (1876-1945), aufgewachsen in der Kniri: Professor für Geschichte am Kollegium St. Fidelis, Prediger und Vizepostulator des Luzerner Kapuziners und für Indien eingesetzten Missionsbischofs Anastasius Hartmann (1803-1866); Pater Gabriel Zelger (1867-1934), geboren in der Schmiedgasse und daher ein Schmiedgässler: der erste und bisher einzige Nidwaldner Bischof. Sein bischöfliches Tätigkeitsfeld war Tanzania. Alle drei Begründer der erfolgreichen Tanzania-Kapuzinermission fanden ihre Ruhestätte im Heimatkloster Stans. An Bischof Gabriel Zelger erinnern in der Kapuzinerkirche Stans die Grabplatte und das Epitaph. Von diesen drei ging Pater Gabriel Zelger in die Mission nach Tanzania. Mit ihm und den Mitbrüdern kamen von Anfang an auch die Baldegger Schwestern.
202 Patres und Brüder der Schweizer Kapuzinerprovinz standen im Einsatz der Tanzania-Mission. Viele von ihnen hatten zuvor das Gymnasium am Kollegium St. Fidelis in Stans absolviert. Darunter stehen 15 Nidwaldner auf der Missionarsliste. Einer von diesen ist eben P. Kunibert Lussy (1897-1970) aus Stans. Er war Missionar in Tanzania 1926-1946 und unterstand somit seinem Nidwaldner Mitbruder Gabriel Zelger. Er setzte nach seiner Rückkehr 1946 in die Heimat die missionarische Tätigkeit mit der Übernahme der Missionspropaganda fort, die sich mit zahlreichen Artikeln und eigenen Photographien in den Missionsjahresberichten und in der Zeitschrift „Missionsbote“, dem heutigen „Ite“, niederschlugen. Der Endbuchstabe y im Familienname verbindet den Klosterstifter Ritter Johann Melchior und den Kapuziner P. Kunibert. Johann Melchior wandelte, selbstbewußt wie er war, nicht nur das Familienwappen um in ein Agnus Dei mit roter Kreuzfahne, sondern änderte auch die alte Schreibweise Lussi in eine neue mit der eleganten Endung Ypsilon auf Lussy. Das Lamm Gottes mit der Siegesfahne im Familienwappen mag nachträglich betrachtet für P. Kunibert wie ein Symbol für die Mission der frohen Botschaft Christi verstanden sein.